Normal is so fucking boring

Ich greife das letzte Thema noch einmal auf – das, in dem es darum ging, dass viele den Sinn des Lebens darin sehen, ihre Verhältnisse zu ordnen und zu stabilisieren und damit praktisch seelisch zu verkümmern. Man findet damit zwar seinen kuscheligen Platz in der Gesellschaft und ihrer Normen und Werte und den möchte man natürlich beibehalten. Aber leider führt genau das auch dazu, dass man immer mehr nur den eigenen Standpunkt, das eigene Weltbild, die eigene Verhaltensweise für richtig hält. Denn das alles zu hinterfragen, quasi an den Grundfesten der eigenen Existenz zu rütteln, an dem, was wir als normal ansehen, wäre unangenehm und potentiell gefährlich.

Ich habe mich oft gefragt, weshalb ältere Menschen oft so starrsinnig und abgestumpft sind und ich denke, das ist eine durchaus brauchbare Erklärung dafür. Alles, was dem Status Quo gefährlich werden könnte, führt automatisch zu einer kognitiven Dissonanz: Man merkt, oft nicht einmal bewußt, dass da etwas ist, das am eigenen Weltbild rütteln könnte und reflexartig schaltet man um auf Verteidigung. Man hinterfragt gar nicht, warum und was man da überhaupt verteidigt, man macht es einfach. Instinktiv. Und ehe man sich versieht, lehnt man auf einem Kissen auf der Fensterbank und keift die Nachbarskinder an. ;)

Diese wohlige Kuhle in der Couch der Gesellschaft, die wir uns über Jahre erarbeiten, ist das, was wir Normalität nennen. Wir haben uns arrangiert, Konfliktpotential wurde eliminiert oder unterdrückt, wir haben unseren Platz gefunden. Wir sind normal.

Aber was bedeutet das – normal zu sein? Es bedeutet vor allem eins: Wir haben unsere eigene Kreativität, unser spielerisches Ausprobieren, unsere angeborene Neugierde auf dem Altar der Anpassung geopfert. Wir haben haben aufgegeben, uns eingeschränkt und die Flamme der Neugier und Lebenslust unter einem Berg von Regeln und Konformitäten erstickt. Wir haben unsere zentrale Lebensaufgabe – das Leben in all seinen Möglichkeiten zu erfahren – selbst begraben. Und weil wir das unbewußt sehr genau wissen und uns tief im Unterbewußtsein dafür hassen, bewundern wir gleichzeitig die schillernden Paradiesvögel, die uns das Fernsehen zeigt. Überzogene Imitate dessen, was unser Leben eigentlich sein könnte und sollte. Die Bewunderung endet allerdings immer dann, wenn das kleine noch verbliebene Flämmchen in uns den mahnenden Finger hebt und leise fragt: „Warum machst DU das eigentlich nicht?“  Dann hassen wir sie dafür, das zu sein, was wir uns verboten haben.

Dazu passt wunderbar ein Satz von Maya Angelou:

If you are always

trying to be normal,

you will never know

how amazing you can be.